Was Sie noch nicht über Depression wussten: Depression verstehen
- Integramed
- 15. Sept.
- 2 Min. Lesezeit
Dr.med. Georgia Brunner

Depression ist mehr als nur Traurigkeit. Millionen Menschen weltweit sind betroffen, doch viele Mythen und Missverständnisse halten sich hartnäckig. In diesem Artikel erkläre ich, als Psychiaterin und Psychotherapeutin, was Sie vielleicht noch nicht über Depression wussten – aus wissenschaftlicher und psychotherapeutischer Perspektive, Depression verstehen.
1. Depression ist nicht nur Traurigkeit
Depression kann sich auch als Reizbarkeit, innere Leere oder sogar als körperlicher Schmerz zeigen. Viele Betroffene weinen nicht den ganzen Tag – sie schleppen sich eher gefühllos durch den Alltag. Andere kompensieren mit Arbeit oder ständiger Anpassung, bis die Energie irgendwann zusammenbricht.
2. Es geht nicht nur um „Serotoninmangel“
Vielleicht haben Sie schon gehört, dass Depression durch einen Serotoninmangel verursacht wird. Die Forschung zeigt: Es ist weitaus komplexer.
Stress und Trauma verändern, wie das Gehirn Emotionen reguliert.
Entzündungen im Körper beeinflussen, wie Neurotransmitter wie Dopamin und Serotonin wirken.
Hormonelle Veränderungen (Schilddrüse, Cortisol, Östrogen, Testosteron) wirken direkt auf die Stimmung.
Depression bedeutet also nicht einen einzelnen „zu niedrigen Wert“, sondern eine Fehlregulation von Netzwerken zwischen Gehirn, Körper und Umwelt.
3. Körperliche Erkrankungen können Depression nachahmen
Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und Antriebslosigkeit können auch andere Ursachen haben, zum Beispiel:
Schilddrüsenunterfunktion, Anämie, Vitamin-B12-Mangel
Schlafapnoe
Chronische Entzündungen oder Autoimmunerkrankungen
Darum ist eine gründliche medizinische Abklärung immer der erste Schritt.
4. Verborgene psychologische Muster
Als Psychotherapeutin sehe ich bestimmte Muster immer wieder:
People-Pleasing und schwache Grenzen → chronische Erschöpfung
Unterdrückte Wut → richtet sich nach innen als Selbstkritik
Perfektionismus → ständiges Gefühl des Versagens
Diese Muster schaffen oft den Nährboden für Depression. Symptome sind kein Zufall – sie sind Signale für ungelöste innere Konflikte.
5. Lebensstil ist entscheidender, als viele denken
Schlaf, Ernährung, Bewegung und soziale Kontakte sind keine „Nebensachen“. Sie sind zentral für die seelische Gesundheit.
Schlechter Schlaf stört die Stimmungsregulation.
Nährstoffarme Ernährung (z. B. wenig Omega-3, B-Vitamine, Magnesium) beeinträchtigt die Gehirnfunktion.
Bewegungsmangel verringert Belastbarkeit und neuronale Plastizität.
Isolation verstärkt Hoffnungslosigkeit.
Schon kleine Schritte – ein fester Schlafrhythmus, ein Spaziergang, ausgewogene Mahlzeiten – können viel bewirken.
6. Erste Schritte zur Veränderung: Depression verstehen
Depression ist behandelbar, aber es gibt keine Pauschallösung. Erste Schritte sind:
Medizinische Abklärung der körperlichen Ursachen
Die Erfahrung benennen – ohne Schuld und Scham
Kleine, regelmäßige Tagesstrukturen schaffen
Einen therapeutischen Raum finden, um Muster zu verstehen
Aktiv gegen die Isolation ankämpfen und Kontakt suchen
Depression ist keine Schwäche, sondern eine komplexe Erkrankung. Je besser wir die Zusammenhänge verstehen, desto klarer wird, dass Depression in der Schnittstelle von Körper, Psyche und Umwelt entsteht.
👉 Mehr Einblicke erhalten Sie auch in meinem YouTube-Video:
Antidepressiva – was Sie wissen sollten
Viele Menschen, die an einer Depression leiden, erhalten die Empfehlung, Antidepressiva einzunehmen. Doch was bewirken diese Medikamente eigentlich im Gehirn, welche Unterschiede gibt es zwischen den verschiedenen Wirkstoffen und welche Nebenwirkungen sind möglich?
👉 In meinem YouTube-Video “All About Antidepressants” erkläre ich leicht verständlich und wissenschaftlich fundiert, wie Antidepressiva wirken, welche Mythen es gibt und welche Rolle sie in der modernen Psychiatrie spielen.